Die Kälteallergie, medizinisch Kälteurtikaria genannt, ist eine spezielle Form der Nesselsucht, die durch Kälteeinwirkung ausgelöst wird. Obwohl dabei der Begriff „Allergie“ verwendet wird, handelt es sich genau genommen um eine Pseudoallergie, da kein echtes Allergen beteiligt ist. Das Besondere ist, dass das Immunsystem keine Antikörper bildet, wie es bei einer klassischen Allergie der Fall wäre.
Im Gegensatz zu den klassischen Allergien, bei denen Substanzen wie Pollen oder Tierhaare eine Überreaktion auslösen, ist bei der Kälteurtikaria ein physikalischer Reiz - zum Beispiel kalter Wind, kaltes Wasser oder generell niedrige Temperaturen - der Auslöser. Trotzdem reagiert der Körper ähnlich: er schüttet den Botenstoff Histamin aus, der die typischen Hautsymptome wie Rötung, Juckreiz oder Quaddeln hervorruft. Dies geschieht direkt an den Körperstellen, die der Kälte ausgesetzt sind.
Die Kälteurtikaria wird durch direkten Kontakt mit kalten Temperaturen oder kalten Gegenständen ausgelöst. Der Körper reagiert auf Kälte mit der Freisetzung des Botenstoffes Histamin aus den Mastzellen, was zu Hautreaktionen wie Quaddeln und Juckreiz führt. Die Temperatur, bei der diese Reaktion auftritt, ist individuell unterschiedlich. Neben der direkten Kälteeinwirkung kann auch ein rascher Wechsel zwischen warmen und kalten Temperaturen Symptome hervorrufen.
Darüber hinaus wird die Kälteurtikaria mit verschiedenen Infektionen in Verbindung gebracht. Zu den relevanten Erkrankungen gehören beispielsweise Atemwegsinfektionen, Syphilis, Windpocken, HIV und das Pfeiffersche Drüsenfieber. Auch Blasenentzündungen und andere Virusinfektionen können ähnliche Reaktionen hervorrufen. Häufig klingen die Symptome ab, wenn die zugrunde liegende Infektion erfolgreich behandelt wird, zum Beispiel mit Antibiotika.
Auch die Einnahme bestimmter Medikamente gilt als möglicher Trigger. Schmerzmittel wie Ibuprofen, Aspirin und Diclofenac sowie ACE-Hemmer, orale Kontrazeptiva und Antimykotika werden häufig als Auslöser genannt. In einigen Fällen scheint eine genetische Veranlagung eine Rolle zu spielen, da auch familiäre Häufungen beobachtet wurden.
Neben Kälte können auch andere Faktoren ähnliche Hautreaktionen hervorrufen. So gibt es Formen der Urtikaria, die durch Temperaturerhöhungen im Körper ausgelöst werden, zum Beispiel durch Sport, heisse Bäder, scharfes Essen, Fieber oder emotionalen Stress. Dies wird als cholinergische Urtikaria bezeichnet. Auch Alkoholkonsum kann diese Form der Urtikaria verstärken.
Interessant ist, dass die Kälteurtikaria in jedem Alter spontan auftreten und ohne ersichtlichen Grund wieder verschwinden kann. Häufig tritt sie zusammen mit anderen Erkrankungen wie Asthma, Nahrungsmittelallergien oder anderen Urtikariaformen auf, was die Behandlung und Diagnose erschweren kann.
Die Symptome einer Kälteallergie treten in der Regel wenige Minuten nach dem Kältekontakt auf. Zu den häufigsten Symptomen gehören Rötungen, starker Juckreiz und Quaddeln auf der Haut, die sich oft anfühlen, als hätte man Brennnesseln angefasst. Besonders anfällig sind ungeschützte Körperstellen wie Hände, Gesicht, Hals oder Füsse, vor allem im Winter. Auch die Schleimhäute können betroffen sein, zum Beispiel nach dem Genuss von kalten Speisen oder Getränken, was zu Schwellungen im Mund- und Rachenraum führen kann und das Schlucken und Atmen erschwert.
Manche Betroffene berichten auch, dass die Beschwerden nur beim Wechsel von einer kalten in eine warme Umgebung auftreten. Neben den typischen Hauterscheinungen können zusätzliche Allgemeinsymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Herzklopfen oder Atemnot auftreten, die den Alltag erheblich beeinträchtigen.
In besonders schweren Fällen kann der Körper heftig auf extreme Kältereize reagieren. So besteht beispielsweise bei einem Sprung ins Eiswasser die Gefahr eines plötzlichen Blutdruckabfalls, Kreislaufversagens und Bewusstlosigkeit, was im schlimmsten Fall zum Ertrinken führen kann. Bei solchen Reaktionen ist daher äusserste Vorsicht geboten. Der ebenfalls mögliche anaphylaktische Schock ist ein lebensbedrohlicher Zustand und erfordert sofortige ärztliche Hilfe.
Die Diagnose einer Kälteurtikaria erfolgt durch verschiedene Tests, die darauf abzielen, die individuelle Kälteschwelle des Patienten zu bestimmen. Diese Schwelle ist entscheidend, da sie angibt, ab welcher Temperatur Hautreaktionen wie Quaddeln auftreten.
Eine weit verbreitete Methode ist der Eiswürfel-Test. Dabei wird ein Glas mit Eiswürfeln auf die Haut des Patienten gelegt, meist am Unterarm. Der Kältereiz wird einige Zeit aufrechterhalten und wenn sich innerhalb kurzer Zeit typische Quaddeln bilden, liegt eine Kälteurtikaria vor.
Zusätzlich kann ein elektronisches Testgerät verwendet werden, um die genaue Temperatur zu bestimmen, bei der die Symptome auftreten. Diese Methode ermöglicht eine präzise Messung und hilft den Betroffenen zu erkennen, bei welchen Temperaturen sie vorsichtig sein müssen. Diese Diagnoseverfahren werden in der Regel von einem Dermatologen oder Allergologen durchgeführt.
Die Behandlung der Kälteurtikaria richtet sich nach den spezifischen Ursachen und Symptomen der Betroffenen. Zunächst ist es wichtig, den Kontakt mit Kälte zu minimieren, um Auslöser zu vermeiden. Liegt den Beschwerden eine Infektion zugrunde, können Antibiotika verabreicht werden, die häufig zu einer Linderung der Beschwerden führen.
Zur symptomatischen Behandlung werden verschiedene Medikamente eingesetzt. Antihistaminika und Leukotrienantagonisten sind häufig die erste Wahl, um Juckreiz und Hautreaktionen zu lindern. In schweren Fällen, bei sehr starkem Jucken, können auch kortisonhaltige Salben oder Injektionen verabreicht werden.
Ein weiterer Therapieansatz ist die Anwendung von UV-Licht, die bei einigen Patienten zu einer Besserung führen kann. Auch Capsaicin, ein Inhaltsstoff von Paprika, wird versuchsweise zur Behandlung der Symptome eingesetzt. Ein innovativer Ansatz ist die „Hardening-Therapie“, bei der Patienten allmählich kälteren Temperaturen ausgesetzt werden, um den Körper an die Kälte zu gewöhnen. Dies kann dazu beitragen, dass die Kälteempfindlichkeit mit der Zeit abnimmt.
In akuten Fällen mit schweren Reaktionen kann eine Notfallbehandlung mit Adrenalin erforderlich sein. Die Betroffenen sollten in solchen Situationen einen Autoinjektor (EpiPen) griffbereit haben, um schnell reagieren zu können.
Eine Kälteallergie kann für Betroffene eine Belastung, aber auch ein Anlass sein, sich intensiver mit der eigenen Gesundheit auseinanderzusetzen. Die Suche nach individuellen Lösungen und der Austausch mit anderen können dabei wertvolle Ressourcen sein.