„Hangry“ beschreibt einen Zustand, in dem Hunger starke Reizbarkeit oder Wut auslöst. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern „hungry“ (hungrig) und „angry“ (wütend) zusammen. Studien haben bestätigt, dass Hunger emotionale Reaktionen negativ beeinflussen und Gefühle wie Reizbarkeit verstärken kann. Dieses Phänomen wurde auch ausserhalb von Laborbedingungen untersucht und als reale Reaktion des Körpers anerkannt.
Es wird empfohlen, regelmässig zu essen, um solche Stimmungsschwankungen zu vermeiden, da sie oft durch Energiemangel verursacht werden. Wenn sich die Stimmung plötzlich verschlechtert und das Stressempfinden zunimmt, kann dies mit einem unzureichenden Essverhalten zusammenhängen.
Die Ursache für das sogenannte „Hangry“, also die Gereiztheit durch Hunger, liegt in verschiedenen physiologischen Prozessen des Organismus. Unser Gehirn benötigt ständig Glukose, die aus den Kohlenhydraten der Nahrung gewonnen wird, um optimal zu funktionieren. Wenn wir längere Zeit nichts essen, sinkt der Blutzuckerspiegel. Leber und Magen senden dann Signale an das Gehirn, dass dringend Energie benötigt wird.
In dieser Phase arbeitet das Gehirn nicht mehr effizient, was dazu führt, dass wir Stress und Emotionen schlechter bewältigen können. Ausserdem schüttet der Körper Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus, die den Organismus in Alarmbereitschaft versetzen. Dies kann sich in Form von Irritationen, Konzentrationsschwierigkeiten und verminderter Leistungsfähigkeit äussern.
Auch der Hormonhaushalt wird beeinflusst. Mangelernährung führt zu einem niedrigen Serotoninspiegel, da die wichtige Aminosäure Tryptophan nicht ausreichend zugeführt wird. Serotonin ist entscheidend für die Regulation von Ärger und Stress. Sinkt der Serotoninspiegel, können bestimmte Hirnregionen schlechter kommunizieren, was die Unruhe verstärkt.
Aus evolutionärer Sicht könnte diese erhöhte Empfindlichkeit eine Anpassung sein, die den Organismus dazu veranlasst, sich in Hungerphasen stärker auf die Nahrungssuche zu konzentrieren. Dieser Zustand tritt vor allem in Stresssituationen auf, weniger in Ruhe.
Das Hungergefühl wird durch eine Vielzahl von Faktoren gesteuert, darunter hormonelle Signale und physikalische Reize. Zwei wichtige Botenstoffe, Ghrelin und Leptin, spielen dabei eine zentrale Rolle. Das als „Hungerhormon“ bekannte Ghrelin wird im Magenbereich gebildet und signalisiert dem Gehirn, dass es Zeit für eine Mahlzeit ist. Leptin hingegen, das aus den Fettzellen freigesetzt wird, vermittelt ein Sättigungsgefühl und hilft, den Appetit zu regulieren.
Auch Mechanorezeptoren in der Magenschleimhaut beeinflussen das Hungergefühl. Ist der Verdauungstrakt leer, senden diese Rezeptoren Signale an das Gehirn, die das Hungergefühl verstärken. Dehnt sich der Magenbereich, zum Beispiel nach der Nahrungsaufnahme, werden diese Signale abgeschwächt und das Sättigungsgefühl tritt ein.
Auch chemische Vorgänge im Organismus tragen zur Appetitregulation bei. Spezielle Chemorezeptoren messen den Nährstoffgehalt im Blut, insbesondere den Blutzuckerspiegel, und senden entsprechende Signale an das Gehirn, um den Hunger zu steuern. Ein niedriger Blutzucker signalisiert Hunger, ein hoher Blutzucker – Sättigung.
Das Phänomen „Hangry“ ist nicht bei allen Menschen gleich stark ausgeprägt. Während die einen es regelmässig erleben, bleiben andere davon unberührt. Eine mögliche Erklärung für dieses unterschiedliche Verhalten könnte in den individuellen Blutzuckerreaktionen liegen. Manche Menschen haben einen stabileren Blutzuckerspiegel, während er bei anderen stark schwankt. So kann der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel schnell ansteigen und dann wieder abfallen, was zu Heisshungerattacken führen kann. In diesen Fällen können auch Symptome von „Hangry“ auftreten.
Auch Hormonschwankungen, z.B. im Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus oder den Wechseljahren, können das Hungergefühl verstärken und die Nervosität erhöhen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin zu berücksichtigen.
Darüber hinaus können auch genetische Faktoren den Einfluss von Hunger auf die Stimmung nehmen. Allerdings ist es zu einfach, alles auf die Gene oder das Geschlecht zurückzuführen. Oft hängt es auch davon ab, wie gut jemand auf die Signale seines Körpers hört. Wer seine Bedürfnisse ignoriert oder übergeht, kann stärker von „Hangry“ betroffen sein.
Hungrig ist jeder anders. Menschen haben einen individuellen Stoffwechsel und reagieren unterschiedlich auf Hungergefühle und Nahrungsaufnahme. Auch der soziale Kontext spielt eine Rolle, denn er beeinflusst, wie Menschen ihre Gefühle ausdrücken und wie sie mit der unangenehmen Kombination aus Hunger und Wut umgehen.
Ständiger Appetit kann viele Ursachen haben, sowohl körperliche als auch psychische. Eine häufige Ursache sind zuckerreiche Nahrungsmittel, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen und ebenso schnell wieder abfallen lassen. Dieser schnelle Wechsel führt dazu, dass das Verlangen nach Nahrung oft schon kurz nach dem Verzehr wieder auftritt.
Auch ein chaotischer Alltag mit unregelmässigen Essenszeiten ist ein oft genannter Grund. Fehlen feste Strukturen, kann es zu einer Störung des Hunger- und Sättigungsgefühls kommen, was zu Heisshungerattacken und ständigem Essbedürfnis führt. Auch emotionale Faktoren wie Frustration oder Stress können das Hungerempfinden beeinflussen. In solchen Momenten wird nicht gegessen, um den körperlichen Appetit zu stillen, sondern um emotionale Bedürfnisse zu befriedigen.
Eine weitere mögliche Erklärung für häufiges Hungerempfinden ist eine Leptinresistenz. Leptin ist ein Hormon, das dem Gehirn signalisiert, dass genügend Energie vorhanden ist; bei einer Resistenz ist dieses Signal gestört, was zu einem ständigen Gefühl des Hungers führt. Ähnliches gilt für das Hormon Ghrelin, das den Appetit anregt. Bei Menschen mit Übergewicht oder veränderter Ghrelinregulation funktioniert das Hungerempfinden nicht immer richtig.
Menschen mit Insulinresistenz oder Diabetes Typ 2 leiden häufig unter Blutzuckerschwankungen, die ebenfalls zu ständigem Hunger führen können. Der Organismus kann den Zucker nicht effektiv in die Zellen aufnehmen, was zu Heisshungerattacken auf Süsses führt. Auch Erkrankungen wie das Prader-Willi-Syndrom oder die Binge-Eating-Störung können eine Rolle spielen und sollten ärztlich abgeklärt werden. Ein weiterer Aspekt ist eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr. Manchmal wird Durst mit Hunger verwechselt.
Um die unangenehmen Folgen von „Hangry“ zu vermeiden, hilft es, regelmässig kleine Portionen zu sich zu nehmen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. So bleibt der Blutzuckerspiegel stabil und wir können auch in stressigen Momenten ruhig und konzentriert bleiben.